PRINT STEHT FÜR MEINUNGSVIELFALT UND DEMOKRATIE!

Mit dem Jahr 2022 ist ein Jahr zu Ende gegangen, das auf vielerlei Ebenen kein leichtes war. Dies gilt auch für den Medienwandel. Der von Bundeskanzler Olaf Scholz ins Feld geführte Begriff „Zeitenwende“, von der Gesellschaft für deutsche Sprache zum „Wort des Jahres 2022“ gewählt, gilt nicht nur in dem Kontext, in dem er situativ angewendet wurde.

Für die wirtschaftliche Situation in den Zeitungs- und Zeitschriftenverlagen ist der Wandel in der Mediennutzung nicht neu und seit mehr als zwei Jahrzehnten ein Thema, das ganz oben auf der Agenda steht. Nicht zuletzt haben die Veränderungen im Medienverhalten der Verbraucher auch erhebliche Folgen für die den Verlagen in Partnerschaft verbundenen Dienstleistungs-Unternehmen in Vertrieb und Werbung: Konzentration, Fusionen, heftig geführte Kontroversen über die
Bedeutung digitaler Medien und die Zukunft von Printpublikationen. Die betroffenen Unternehmen im Vertrieb reagieren mit kostensenkenden Maßnahmen, um die infolge der drastisch gestiegenen Papier- und Logistikpreise von den Verlagen vorgenommenen Anhebungen der Abgabe- und Copypreise in ihren Auswirkungen halbwegs ausgleichen zu können.

Die Verlagslandschaft in der Bundesrepublik Deutschland verändert sich in immer rascherem Tempo. Schon vor Jahren hat der Axel-Springer-Verlag sich von vielen seiner Publikumszeitschriften verabschiedet und erfolgreich neue Geschäftsfelder im digitalen Bereich erschlossen. Der radikale Kurs- und Strategiewechsel in der Verlagsführung des einst größten Pressekonzerns in Deutschland mündete im Januar 2023 in einer Ankündigung des Springer-Aufsichtsratsvorsitzenden Dr. Mathias Döpfner, die „gedruckte Zeitung habe keine Zukunft mehr“. Seit Monaten hält die Diskussion um die Zukunft der Publikumszeitschriften des renommierten Verlagshauses Gruner + Jahr an. Unter Federführung von Thomas Rabe, CEO bei der RTL-Group und Bertelsmann, droht eine der ersten Adressen für deutschen „Qualitätsjournalismus“ ihre Identität zu verlieren. Ganze 13 Zeitschriften dürfen bleiben; alle anderen sollen verkauft oder eingestellt werden! Von der Einstellung sind 23 Zeitschriftentitel betroffen, 700 Arbeitsplätze sollen gestrichen werden. Das grüne Logo am Baumwall wurde durch die RTL-Optik ersetzt. Die deutschen Tageszeitungen berichten ausführlich über den „Ausverkauf“ bei G+J (Süddeutsche Zeitung); die FAZ vom 7.2.2023 titelt: „Gruner + Jahr wird zerschlagen“

Die Zahl der Publikumszeitschriften in Deutschland ist innerhalb von drei Jahren von 1.600 (2018) auf 1.300 (2021) gesunken, und damit einher geht der Rückgang der Verkaufszahlen bei der überwältigenden Mehrzahl der im Markt verbliebenen Zeitschriften. Dennoch kann und darf die Diskussion um die mediale Zukunft im Verlags- und Vertriebsbusiness sich nicht auf eine Gegnerschaft „Print versus Digital“ konzentrieren. Vielmehr geht es aus unserer Sicht darum, in Verlagen und Vertriebsunternehmen das Nebeneinander von Printpublikationen und digitalen Medienangeboten gemeinsam zukunftsorientiert zu gestalten. Wir müssen auch daran arbeiten, politischen Entscheidungsträgern und den Mediennutzern die Bedeutung von Print-Publikationen für Presse- und Meinungsvielfalt in unserer Demokratie stärker ins Bewusstsein zu rücken. Das geht nur im Miteinander, nicht im Gegeneinander. Zu den jüngsten Pressemeldungen über die Ankündigungen von Veränderungen in der Verlags- und Medienwelt haben sich auch der Hamburger Senator für Kultur und Medien, Dr. Carsten Brosda und der stellvertretende Chefredakteur vom „Hamburger Abendblatt“, Matthias Iken, zu Wort gemeldet:

Dr. Carsten Brosda, Senator für Kultur und Medien der Hansestadt Hamburg, äußert sich zur Bedeutung von Printpublikationen und Vertrieb für Journalismus
und Demokratie in einem Interview mit „Hamburger Abendblatt“ vom 31. Januar 2023:

„… Wer sollte den Wandel schaffen, wenn nicht ein so starker Medienstandort wie Hamburg? Das setzt aber voraus, dass man journalistische Produkte nicht allen nach ihrer Jahresmarge bewertet. Wir sind gut damit gefahren, dass wir eine private Presse haben, deren geschäftliches Interesse darin liegt, möglichst viele Menschen zu erreichen. Dieses Interesse nützt dem Geschäft und der Demokratie, weil so möglichst viele Informationen an möglichst viele Menschen vermittelt werden und so die Diskussionsgrundlage für eine demokratische Entscheidung geschaffen wird. Das Bewusstsein für diese beiden verbundenen Ziele dürfen Verlegerinnen und Verleger nicht verlieren. Sie leiten ja nicht ein x-beliebiges E-Commerce- Unternehmen. Auch RTL und Bertelsmann sollten ja ein Interesse haben, den notwendigen Wandel zu schaffen und ihrer gesellschaftlichen Verantwortung für den Journalismus gerecht zu werden.“

Und Matthias Iken, stellvertretender Chefredakteur „Hamburger Abendblatt“, kommentiert in der renommierten Hamburger Tageszeitung am 25.1.2023:

„Gruner + Jahr wird zerlegt-Heuschrecke Bertelsmann?“ Zerschlagung des Verlagshauses ist ein Skandal: Nach Heuschrecken-Manier wird das Haus mit seinen rund 1500 Mitarbeitern filetiert. Hamburg. Wer das Unternehmen Bertelsmann, immerhin tief verankert in der westfälischen Provinz, noch für bodenständig hält, sollte einmal ins Internet schauen: „Unser Sense of Purpose: To Empower. To Create. To Inspire“- prangt da auf der deutschen Website, und mit denselben Schlagworten beschreibt Bertelsmann seine Essentials in 17 Sprachen von Russisch über Schwedisch bis Chinesisch. Gemeint ist mit diesem Kauderwelsch „Ermöglichen, Neues schaffen, begeistern“. Fragt man beim Ex-Verlagshaus Gruner + Jahr, das mit seinen Milliardengewinnen Bertelsmann einst groß gemacht hat, hört man von den Mitarbeitern etwas anderes. Sie erzählen eher vom Verhindern, Zerschlagen, Demotivieren. Noch vor einem Jahr schwärmte Bertelsmann- und RTL-Chef Thomas Rabe von den Chancen der Integration der großen Medienmarken vom Baumwall. Nun verfolgt er das genaue Gegenteil. Nach Heuschrecken-Manier wird das Haus mit rund 1.500 Mitarbeitern filetiert; im Angebot steht fast das gesamte Erbe des einstmals stolzen Medienhauses- und viele Magazinmarken sind weiterhin hochprofitabel. Das Problem: Die Renditen entsprechen offenbar nicht den Plänen und Erwartungen des ehrgeizigen CEO Rabe. Das Unternehmen Bertelsmann, das sich in schweren Zeiten Ende der 70er- Jahre mit Umsatzrenditen im Promillebereich begnügen musste, möchte in Hamburg heute ein Vielfaches.“

Die Vertriebsunternehmen des Verbandes Deutscher Lesezirkel wissen um die jahrzehntelange Bedeutung des Verlages Gruner + Jahr für den Zeitschriftenmarkt und die Pressevielfalt in Deutschland. Die Gruner + Jahr- Magazine sind ein wichtiger Bestandteil der Lesemappe. Gutgemachte Zeitschriften werden gelesen: Das zeigt uns der Rücklauf der Zeitschriften aus öffentlichen Auslagen und von Privatkunden. Auch neue Zeitschriften werden vom Lesepublikum mit großem Interesse angenommen. Das zeigen, trotz des anhaltenden Medienwandels, die Ergebnisse der Media-Analyse I/2023 für einzelne Titel- und für den Lesezirkel, dessen Reichweite gestiegen ist.

MEDIA-ANALYSE I/2023: DER LESEZIRKEL PUNKTET

Die in der Media-Analyse I/2023 erfassten 147 Zeitschriftentitel des Pressemarktes erreichen pro Erscheinungsintervall 51,5 Millionen Leserinnen und Leser. 44% der in der Untersuchung erfassten Zeitschriften und Magazine in der MA I/2023 verzeichneten Zugewinne, 9% blieben stabil und 47% verloren an Leserschaft. Nennenswerte Reichweitenverluste im Rahmen der Umfrage konzentrieren sich primär auf das Segment „Cocooning“ (Essen, Trinken, Wohnen), das während der Corona-Krise deutliche Zugewinne verzeichnet hatte.

Die aktuelle Reichweitenentwicklung des Lesezirkels ist im Vergleich zur vorausgegangenen Untersuchung positiv und steigert sich 12,5 % (8,8 Millionen Leser/innen) auf 13,3 % (9,4 Millionen Leser/innen). Während der Coronakrise hatte der Lesezirkel infolge der anhaltend schwierigen Situation in den öffentlichen Auslagen an Reichweite verloren. Nun zeigt der Trend wieder nach oben und unterstreicht die Relevanz von Mietzeitschriften für die Vermarktung im Anzeigen- und Vertriebsgeschäft der Verlage. Die Präsenz von Zeitschriften in den öffentlichen Auslagen fördert die Markenprägung und den Bekanntheitsgrad der einzelnen in der Lesemappe vertretenen Titel.

Die Reichweiten-Daten der Media-Analyse I/2023 für den Lesezirkel weisen auch unter qualitativen
Aspekten ausschließlich positive Merkmale auf:

  • Der Lesezirkel erreicht pro Erscheinungsintervall 9,4 Millionen Leser/innen

  • 67% der Leserschaft haben einen höheren Schulabschluss (40% davon ein Studium)

  • 60% sind berufstätig (30% nicht mehr berufstätig, 9% in Ausbildung)

  • 45% haben ein Haushaltsnettoeinkommen von 3.500 € und mehr

  • Das durchschnittliche Haushaltseinkommen der LZ-Nutzer liegt bei 3.360 €

  • Das Durchschnittsalter der LZ-Leser/innen liegt bei 49 Jahren

LESEZIRKEL HEUTE: In eigener Sache

Die regelmäßig erscheinende Information LESEZIRKEL HEUTE wendet sich an ausgewählte Vertriebsmanager und Unternehmer in Verlagen und Vertriebsunternehmen. Wir möchten Sie über das interne Verbandsgeschehen hinaus fortlaufend zu den Entwicklungen im Vertrieb von Mietzeitschriften informieren, aktuell, kritisch und zukunftsorientiert. Wir glauben an die Zukunft von Print und sind davon überzeugt, dass der Lesezirkel einen wichtigen Beitrag dazu leistet.

Wir wünschen Ihnen frohe Weihnachten und ein gutes, erfolgreiches Jahr 2023!
Vorstand und Geschäftsführung des Verbandes Deutscher Lesezirkel e.V.

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Verband Deutscher Lesezirkel e.V.
Philipp Brück (Geschäftsführer)

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