RÜCKBLICK AUF DIE JAHRESTAGUNG DES VERBANDES DEUTSCHER LESEZIRKEL e.V.

Die Jahrestagung des Verbandes Deutscher Lesezirkel e.V. fand in diesem Jahr erstmalig in Kooperation mit dem Bundesverband Abonnement statt. Das Rahmenprogramm war für die beiden Verbände identisch. Die Mitgliederversammlungen wurden verbandsintern durchgeführt. 140 Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren der Einladung gefolgt. Im Mittelpunkt der Vorträge und Gespräche standen die Themen Kundenbindung, Abo-Geschäftsmodelle und die Zukunft von Print.

Keynote-Speaker Philipp Welte, Vorstand Medienmarken National der Hubert Burda Media Holding Kommanditgesellschaft und Vorstandsvorsitzender des Medienverbandes der freien Presse, setzte gleich zu Beginn der Tagung Akzente: „Wir sind in einer schwierigen Situation und brauchen gemeinsame Strategien über alle Vertriebskanäle hinweg!“ In seiner Rede ging er auf aktuelle Gefährdungen des Qualitätsjournalismus und der Pressevielfalt durch gestiegene Papierpreise, Energie- und Zustellkosten ein. Die Branche stehe vor großen Herausforderungen. Kai Rose, geschäftsführender Gesellschafter der Mediengruppe Klambt, gab einen Einblick in die unterschiedlichen Geschäftsfelder und Strategien seines Unternehmens.

Axel Walkenhorst, Vorsitzender des Verbandes Deutscher Lesezirkel, betonte: „Wir sind weiterhin fokussiert auf Print“. Er bestätigte das Eingangsstatement von Philipp Welte, und äußerte: „Zusammenstehen in Zeiten von herausfordernden Marktveränderungen ist jetzt wichtig. Wir brauchen ein deutliches Mehr an Miteinander und weniger Ellbogenmentalität.“

Am zweiten Tag der Jahrestagung wurde der geschäftsführende Vorstand des Lesezirkel-Verbandes neu gewählt. Ihm gehören an: Axel Walkenhorst, Die Medien-Palette GmbH & Co. KG, als Vorsitzende, sowie Michael Becker, Lesezirkel Becker und Stahl OHG, Bernd Wedekind, Leserkreis Daheim, Daheim Liefer-Service 2 GmbH und (neu) Maurice Hettling, Hettling´s Lesezirkel. Die Zuständigkeit für das Finanzressort liegt bei Michael Becker. Zu Beisitzern gewählt wurden: Alexandra Beier (Lesezirkel Zeitspiegel), Julia Häßler (Lesezirkel Bunte Mappe OHG), Felix Ehler (Der Lesezirkel Dörsch GmbH & Co.KG) und Roland Horner (Lesezirkel Bayerland Aumüller GmbH).

Die inhaltliche Gestaltung der zukünftigen Verbandsarbeit wird sich auf folgende Themen konzentrieren:

  • Optimierung der PR-Aktivitäten mit dem Ziel, die Vorteile und die Nachhaltigkeit des Lesezirkelvertriebs für Verbraucher und Verlage zu verdeutlichen und bekannter zu machen
  • Intensivierung der Kommunikation des Verbandes mit dem Vertriebsmanagement der Verlage und Nationalvertriebe
  • Öffentlichkeitswirksames Herausarbeiten ökologischer Aspekte des Lesezirkels
  • Austausch und Diskussion über neue Wege und Methoden in der Kundengewinnung und Kundenbindung
  • Realisierung innovativer Vertriebsprojekte in Partnerschaft mit Verlagen und Vertriebspartnern

IN EIGENER SACHE: ANMERKUNGEN ZUM VERTRIEB DIGITALER MEDIEN

PV-Digest ist bekanntermaßen ein digitales Zirkular für Zeitungen, Zeitschriften und Paid Content und trägt in seinem Auftritt den Untertitel „Informationen für den verlegerischen Erfolg im Lesermarkt“. Herausgeber ist Markus Schöberl, der viele Jahre als leitender Mitarbeiter in Vertriebsfirmen (ASV Vertriebsservice GmbH, ZZ-Kurier, Financial Times) gearbeitet hat. Seine Berichte und Analysen über die Vertriebsmärkte in Deutschland und darüber hinaus zeugen von hoher fachlicher Kompetenz und sind lesenswert.

In einem Kommentar der Ausgabe 10 seines PV-Digest würdigt er die gemeinsam organisierte Jahrestagung von Bundesverband Abonnement und dem Verband Deutscher Lesezirkels als „Aufbruchssignal“. Zugleich schreibt er: „…beide Geschäftsmodelle leiden unter dem Damoklesschwert der Digitalisierung. Weder die etablierten Lesezirkelunternehmen noch die WBZ-Abowerber haben bisher einen nennenswerten Anteil am Geschäft mit dem Verkauf digitaler Publikationen…Die Lesezirkler verweigern schlicht die Anerkennung der Realität. Der Vorsitzende des Lesezirkel-Verbandes, Axel Walkenhorst, lässt sich im offiziellen Verbandsorgan seiner Organisation (dnv) mit der Überschrift „Keine Alternative zu Printmedien“ zitieren: „Digitale Lesemappen seien in der Realität…ein reines Verlustgeschäft.“

In diesem Kontext bezeichnet Markus Schöberl den Bundesverband Abonnement und den Verband Deutscher Lesezirkel als „Mini-Branchen“ und kritisiert, dass Axel Walkenhorst die Anwesenheit eines digitalen Unternehmens mit LZ- Charakter während der Jahrestagung „schlicht ausgeblendet“ habe, und die Antwort auf die Frage, „wie man den sonst auf die unaufhaltsamen Rückgänge im Printgeschäft regieren sollte“ schuldig geblieben sei.

Einen Teil der Erklärungen liefert der Herausgeber von „pvd“ in seinem Meinungsbeitrag selbst: Den Verlagen sei daran gelegen vertriebsstarke Firmen „von den vermeintlichen Fleischtöpfen des Digital- Abogeschäftes fernzuhalten. Ob dies „schlau“ sei, bezweifelt Schöberl, und dies sicher nicht völlig zu Unrecht.

Markus Schöberl sieht, das zeigen die Inhalte seines digitalen Fachmagazins, schwarz für die Zukunft von Print und folgt damit weitgehend den Prognosen zahlreicher Medienfachleute, die auf „Digital only“ setzen.

Übersehen wird dabei, dass sowohl die selbstständigen Abo-Vermarkter als auch die Lesezirkelunternehmen bislang einen ganz entscheidenden Beitrag zur Auflagenstabilität von Print-Zeitschriften leisten, selbst dann, wenn es sich um „Mini-Branchen“ handeln sollte, in deren Verbänden marktrelevante Vertriebsunternehmen vertreten sind, die in ihrer Anzahl den Mitgliedern anderer Vertriebswege eher nicht unterlegen sind. Hinreichend Aufschluss darüber geben die Auflagenanteile einzelner Zeitschriften nach Vertriebssparten in den einschlägigen Statistiken.

Dass es Initiativen zu Digitalangeboten des Verbandes Deutscher Lesezirkel und einzelner seiner Mitglieder gegeben hat, die gescheitert sind, verschweigt der Herausgeber des „PV-Digest“ in seinem Meinungsbeitrag. Die digitalen Projekte mussten trotz hoher sechsstelliger Investitionen eingestellt werden. Es gab keinen Bedarf im Markt.

LESEZIRKEL UND DIGITALES LESEN PER APP: DIE UNTERSCHIEDE

  • Das Prinzip des Lesezirkels beruht auf dem Bezug von Zeitschriften im Mietsystem. Lesezirkel-Kunden können ihre Zeitschriften aus einem Angebot von ca. 300 Titeln auswählen.  Die Zeitschriften werden per Lieferservice gebracht und nach dem Lesen wieder abgeholt und weitervermietet. Diese Form des kostengünstigen, ressourcenschonenden und nachhaltigen Lesens wird im seit Jahren üblichen Sprachgebrauch als „Lesezirkel“ bezeichnet. Nach den Vermietvorgängen werden die Zeitschriften recycelt.

  • Zeitschriftenlesen im Lesezirkel ermöglicht haptisches, ganzheitliches und konzentriertes Lesen ohne technischen Aufwand und entsprechend erforderliche Installationen eines „Streaming Mechanismus“ am Ort des Lesens.

  • Nutzungsbedingungen von App-Stores oder vergleichbaren Plattformen entfallen beim Lesen von Print-Zeitschriften im Lesezirkel.

  • Digitales Lesen von Zeitschriften über App-Stores an ausgewählten Örtlichkeiten entbehrt fast aller Kriterien des klassischen Lesezirkels. Sogenannte digitale Lesezirkel vermieten nicht. Die Leseinhalte werden keiner Zweitverwendung zugeführt.

  • Digitales Lesen in öffentlichen Auslagen setzt voraus, dass die „Streaming- Funktion“ über eine bestehende Internetverbindung vor Ort ermöglicht wird. Um entsprechende Services nutzen zu können, bedarf es technischer Mindestvoraussetzungen.

  • Digitales Lesen kann zu oberflächlichem Lesen verführen. Häufig werden Zeitschriften- und Zeitungsartikel aufgrund der im Vergleich zum Printexemplar geringen Größe der Leseoberfläche bei digitalen Empfangsgeräten nur partiell gelesen. Die Nutzer müssen scrollen, um einen Text umfassend und ganzheitlich lesen zu können.

  • Der Hinweis von Anbietern digitaler Leseangebote in öffentlichen Auslagen, dass das Lesen von Zeitschriften und Zeitungen im Vergleich zur Nutzung von Printobjekten nachhaltiger und hygienischer sei, ist nicht stichhaltig. Richtig ist, dass der Bezug von Zeitschriften im Mietsystem unter ökologischen, bildungsbezogenen und gesundheitlichen Gesichtspunkten sinnvoll und zukunftsgerichtet ist.

  • Lesen von Printmagazinen im Lesezirkelbezug ermöglicht den Erwerb von Information, Bildung und Wissen für alle Schichten der Bevölkerung. Der Vertriebsweg Lesezirkel dient somit dem Erhalt von Pressevielfalt und Meinungsfreiheit. Er ist und bleibt ein wichtiger und verlässlicher Partner der Zeitschriftenverlage.

MEDIEN- UND LESEKOMPETENZ IN DEUTSCHEN GRUNDSCHULEN

Unmittelbar nach Erscheinen unseres Artikels über die „Lesekompetenz“ von Schülerinnen und Schülern in LESEZIRKEL HEUTE, Ausgabe 2/2023 vom 3.Mai 2023 wurden am 16. Mai 2023 in den deutschen Medien neue Ergebnisse der IGLU-Studie (Internationale Grundschul-Lese- Untersuchung) veröffentlicht, die belegen, dass sich der Abwärtstrend in der Lesekompetenz von Grundschülerinnen und Grundschülern in Deutschland weiter fortsetzt.

Von 2016 bis 2021 stieg der Anteil der Viertklässler in Deutschland, die nur unzureichend lesen können, von 19 auf 25 %. Etwa ein Drittel der schlechten Leseleistungen beruht laut der Untersuchung auf Migrationshintergründen. Der wesentlichere Teil der Kinder, die nicht oder kaum lesen können, stammt aus sozial schwachen Milieus, in denen Printmedien so gut wie nicht vorhanden sind. In der Nutzung von digitalen Lesemöglichkeiten im Schulbetrieb rangiert Deutschland „unter ferner liefen“. Auch digitales Lesen ist nur dann möglich, wen man des Lesens grundsätzlich mächtig ist. Die begrüßenswerte Initiative „Zeitschriften in die Schulen“, von der „Stiftung Lesen“ unter Einschluss des Gesamtverbandes Presse-Großhandel und des Medienverbandes der freien Presse, braucht neue Impulse, die durch staatliche Förderung auch unter Beteiligung weiterer einzelner Buch- und Zeitschriftenverlage sowie des Verbandes Deutscher Lesezirkel und des Verbandes Deutscher Bahnhofsbuchhändler ergänzt werden könnten. Der Verband Deutscher Lesezirkel hat während seiner diesjährigen Mitgliederversammlung in Berlin erörtert, inwieweit er unterstützend tätig werden kann.

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DIE ZUKUNFT VON PRINTMEDIEN

 

Verlässliche Prognosen über die Zukunft von Printmedien und deren Vertriebswege gibt es nicht. Die Antwort auf die Frage, wie lange Printmedien noch Bestand haben werden, ist je nach Art und Zuordnung der jeweiligen Publikationen unterschiedlich. Büchern werden in der Mediendiskussion gute Zukunftsaussichten eingeräumt: Rund 70 000 Neuerscheinungen pro Jahr sprechen für sich, auch dann, wenn die Verkaufsauflagen pro Titel seit Jahrzehnten deutlich rückläufig sind. Der Anteil von E-Books an der Gesamtauflage eines Buches ist in der Regel nach wie vor verschwindend gering.

Im Zeitungsbereich dünnt sich das Angebot von Print-Ausgaben weiterhin aus. Immer mehr Zeitungsverlage stellen ihre Printausgaben ganz ein oder bieten in einzelnen lokalen Regionen nur noch digitale Ausgaben an. Die redaktionellen Mäntel und einzelne Ressorts anderer Print-Zeitungen sind in vielen Verbreitungsgebieten identisch. Ähnlich wie in den USA gibt es inzwischen bereits weiße Flecken in der deutschen Zeitungslandschaft, weil die Herausgabe und Verbreitung von Lokalzeitungen aufgrund hoher Herstell- und Zustellkosten unwirtschaftlich sind. Sowohl die elektronische Vervielfältigung als auch der Vertrieb digitaler Medien sind deutlich kostengünstiger als bei Printmedien.

Das gilt auch für den Zeitschriftenmarkt.

Das Zeitschriften- und Zeitungsbusiness wird ohne Zweifel in seiner Marktbedeutung weiterhin abnehmen, aber dennoch Bestand haben, vor allem im Special-Interest-Bereich.

Die Lektüre von Printmedien obliegt dem individuellen, selbstbestimmten und impulsgesteuerten Zugriff des Lesepublikums. Gedruckte Informationen sind ohne technisches Gerät ständig verfügbar. Und last, but not least: Die Wahrscheinlichkeit, dass die zunehmende Digitalisierung (im Gegensatz zu Printmedien) „fake-news“ Tür und Tor öffnet ist hoch. Wer zuverlässig informiert sein will, braucht Zeitschriften, Zeitungen und Bücher in gedruckter Form.

Die regelmäßig erscheinende Information LESEZIRKEL HEUTE wendet sich an ausgewählte Vertriebsmanager und Unternehmer in Verlagen und Vertriebsunternehmen. Wir möchten Sie über das interne Verbandsgeschehen hinaus fortlaufend zu den Entwicklungen im Vertrieb von Mietzeitschriften informieren, aktuell, kritisch und zukunftsorientiert. Wir glauben an die Zukunft von Print und sind davon überzeugt, dass der Lesezirkel einen wichtigen Beitrag dazu leistet.


Vorstand und Geschäftsführung des Verbandes Deutscher Lesezirkel e.V.

Für Rückfragen

Verband Deutscher Lesezirkel e.V.
Philipp Brück (Geschäftsführer)

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E-Mail: info@lesezirkel-verband.de